Transasiatour


Unterwegs

Nepal 05.05.2006 - 02.07.06

 

Währung: Rupie, 92 Rupien = 1 Euro
Aufenthalt: 59 Tage
Route:

Mahendranagar -- Lumbini -- Pokhara -- Kathmandu

Gefahrene km: 1035 km
Benzin: 67,25 Rupien/L (0,73 Euro /L)
















N
ever Ending Peace And Love

Wir sind fünf Kilometer von der Grenze gefahren und befinden uns in der ersten Stadt Nepals, in Mahendranagar. Nach dem Abladen im Hotel laufen wir zu Fuß los, um die Ortschaft zu erkunden. Auf einer Bank schlürfen wir eine Cola und betrachten neugierig das Bild, das sich uns bietet. Es könnte auch in Indien sein. Die Menschen sehen ähnlich aus, es fahren Rikschas und Mopeds, streunende Kühe und Hunde gibt es hier auch, aber doch ist etwas anders. Was bloß? Es dauert eine ganze Weile bis wir daraufkommen: Es ist viiiiel leiser. Die Menschen unterhalten sich wieder, statt sich anzubrüllen, aus den Läden dröhnt kein schrilles Gedudel und gehupt wird auch nur noch selten. Nepal ist uns auf Anhieb sympathisch.

Dieser Eindruck verstärkt sich auf der Straße. Der Mahendra-Highway ist gut ausgebaut und wenig befahren. Wir können tatsächlich mal wieder in den fünften Gang schalten! Zudem können wir mitten in Ortschaften anhalten, ohne einen Menschenauflauf zu provozieren - für die Motorräder und uns interessiert sich kaum jemand und wenn doch, dann verfolgt uns der stille Betrachter von einer angemessenen Entfernung beim Anziehen vorm Losfahren, sie lassen uns wieder Luft zum Atmen. Herrlich!

Auffällig sind die Frauen hier. Oder anders ausgedrückt: Nach dem monatelangen Anblick von verhüllten oder unterwürfigen Frauen ist es erfrischend die Nepalesinnen zu betrachten. Ihre Kleidung ist erstaunlich figurbetont und sie tragen diese mit einem wohltuenden Selbstbewusstsein. Sie sind fröhliche Ladenbesitzerinnen, die auch schon mal einen Mann zurechtweisen und lachen viel. Überhaupt haben die Nepalis Humor.

Im Westen des Landes bleiben wir einige Tage im Bardia-Nationalpark. Beim Abendessen setzen sich Raju und Resham, der Dschungelführer, ganz selbstverständlich zu uns. Sie sind interessiert, ohne aufdringlich zu sein und sie haben eine Geschichte zu erzählen. Diese handelt von Nepal, seinem König, den Maoisten und dem tiefen Wunsch der Bevölkerung nach Frieden.

Das Resort bestehe seit 13 Jahren und es gab noch keine Zeit, in der es gut besucht war. In den Westen Nepals kommen nur wenig Touristen. Dennoch haben sie die Motivation und einen starken Willen, vergrößern die Anlage, bauen neue Hütten, bessern alte aus und kümmern sich ständig um den schönen Garten, obwohl oft nicht ein einziger Gast da ist! Raju sagt, wenn sie wüßten, dass es in einigen Jahren Frieden gäbe, dann wäre es in Ordnung, dann könnten sie warten. Was für eine Einstellung!

Die Demonstrationen vom April haben ganz Nepal - ungeachtet des Alters, Geschlechts und der sozialen Stellung - vereint, die Hoffnung auf Frieden ist umfassend. Sie haben große Erwartungen in den jetzigen Waffenstillstand und hoffen, dass die Politiker diese einmalige Chance nutzen werden. Ihrer Meinung nach gibt es ansonsten in absehbarer Zeit keine zweite Möglichkeit.

Wir wünschen den Nepalis von ganzem Herzen, dass die Verantwortlichen diese Chance nun zu dauerhaftem Frieden nutzen.

Bei der Dschungelwanderung am folgenden Tag sind wir mit Resham auf den Spuren eines Tigers unterwegs. Er hat frische Tatzenabdrücke gesichtet und hört ihn von einiger Entfernung brüllen, so weist er uns an, möglichst lautlos zu sein. Nach einiger Zeit sollen wir uns neben den Pfad ins hohe Gras kauern, während er im Baum Stellung bezieht. Der Weg, an dem wir hocken, würde sehr häufig von Tigern benutzt, um zur nahen Wasserstelle zu gehen, er könnte somit jederzeit auftauchen, verkündet Resham fröhlich. Tobi und ich gucken uns entgeistert an, wir sitzen sozusagen auf dem Tigerpfad! Aber der Tiger erspart uns eine so unmittelbare Begegnung und läßt sich nicht blicken.

Im Laufe des Tages lauern auch wir in Bäumen auf wilde Tiere und beobachten schließlich Rhinos beim Baden.



























Ein Rhino watet in den Fluss

Nach Lumbini wollen wir eine Abkürzung nehmen. Diese führt - wie sich herausstellt - durch einen Fluss und bereits das weite Umfeld ist matschig. Tobi fährt vor mir. Gänzlich unerwartet rutscht ihm das Hinterrad unterm Allerwertesten weg. Das Motorrad hat sich fast um 180 Grad gedreht und liegt im Schlamm, während er auf beiden Füßen steht und sich wundert. Das ging zu schnell.

Wir hieven das Motorrad hoch, begutachten die Umgebung und die Flussdurchfahrt. Das Wasser ist zu hoch, der Untergrund schlammig. Zügig drehe auch ich mein Motorrad um.



























Hoppla!

Der Geburtsort von Buddha befindet sich in Lumbini. Die genaue Stelle ist mit einem Stein gekennzeichnet, um den ein Tempel errichtet wurde. Dieser wiederum ist als Weltkulturerbe Teil einer großzügigen Anlage, auf der buddhistische Tempel vieler Nationen stehen. Uns gefällt die Idee, mitten in Nepal, in einen vietnamesischen, koreanischen oder französischen Tempel gehen zu können und wir verbringen einen entspannten Tag mit ihrer Besichtigung.



























Dieser Tempel beherbergt den Stein, der Buddhas Geburtsort markiert



























Der deutsche Tempel in Lumbini mit Riesengebetsmühle



























Die Friedens-Pagode


Von Tsampa, Yaks und dünner Luft

Der Trek um das Annapurna-Massiv ist der bekannteste und beliebteste in Nepal. Die Strecke ist etwa 200 km lang. Man startet auf 800 Höhenmetern, überquert den Thorung La-Pass auf 5416 Metern und kommt auf 800 Meter wieder raus. In der Hauptsaison überqueren täglich ungefähr 200 Touristen den Pass. 2006 waren es wegen der politischen Unruhen im Land nur ca. ¼ davon.

In Pokhara parken wir die Motorräder, fahren mit dem Bus vier Stunden nach Besisahar und starten am folgenden Tag. Als Zeitraum haben wir drei Wochen für die Umrundung geplant. Mit je 10 kg Gepäck auf den Schultern wandern wir auf schmalen Pfaden, die für motorisierte Fahrzeuge nicht passierbar sind, in den Himalaya und lassen die Welt des Kommerz und Stress hinter uns. Es ist kurz vor Beginn des Monsuns, der Himmel ist oft bewölkt und die Sicht nicht so gut wie zur Hauptsaison. Dafür sind wir fast alleine auf der Strecke und wenn wir nach 4-6 Stunden Wandern den Lauftag in einem Bergdorf beenden, können wir uns die schönste Herberge aussuchen. Diese Wanderung wird in Nepal auch "Teahouse-trek" genannt, da es in den Dörfern entlang des Pfades überall Pensionen gibt. Man kann den Lauftag je nach Lust und Zeit kurz oder lang gestalten.














































Wasserfall direkt vor der Pension














































Maultiere überholen uns

Die Vorberge des Himalaya sind sagenhaft grün zu dieser Jahreszeit: Entweder durch natürlichen Wald oder durch Anbauflächen. Dem Berg wird vom Menschen mühsam Ackerland abgerungen (Rodungen und damit verbundene Erosionen und Erdrutsche sind leider sehr häufig) und es wird in Form von ineinander übergehenden Terrassen angebaut. Dies ist für die Bewässerung ideal, da zunächst die oberste Terrasse geflutet wird und es von dieser über eine Überlaufkante aus Erde auf die untere, die nächste usw. läuft. Wasser gibt es in den Bergen reichlich. So haben wir überall Wasserhähne oder einfach nur Schläuche gesehen, aus denen das Wasser ohne Unterlass Tag und Nacht läuft, man kann den Hahn noch nicht einmal zudrehen. Reni fand das am Anfang etwas befremdlich, da sie einen laufenden Wasserhahn instinktiv immer schließen möchte, aber hier geht das nicht - das Wasser läuft ohnehin den Berg hinunter, ob nun als Fluss oder aus dem Hahn.



























Berglandschaft am Beginn des Treks














































Reisterrassen

Angebaut wird auf den Terrassen vornehmlich Gerste, Mais und Reis, dadurch sehen diese schon von Weitem toll aus: Unterschiedliche Abstufungen von Grün und Gelb in akkuraten Motiven. Gepflügt werden die schmalen Terrassen von einem Kuhgespann, das einen hölzernen Pflug hinter sich herzieht, auf dem der dünne Bauer steht und die Tiere laut rufend antreibt.

Alle Güter, die aus dem Flachland in die Berge gebracht werden, müssen von Maultieren oder Menschen oft in tagelangen Märschen in die Dörfer getragen werden.














































Maultier-Karawane

Wir begegnen unzähligen kleinen Nepalis, die tief gebeugt unter ihrer schweren Last, welche sie mit einem Gurt über ihre Stirn befestigen, die zum Teil steilen, felsigen oder schlammigen Pfade in Schlappen hinaufkraxeln. Daneben fühlen wir uns in den bequemen, trittsicheren Wanderschuhen und dem ergonomischen Rucksack mit Polsterung dekadent. Wir machen es aus Spaß, sie verdienen damit ihren Lebensunterhalt.














































Schwer beladener Träger

Die Häuser sind aus Steinen erbaut, die mit Schlamm, anstelle von Mörtel, zusammengehalten werden. Das Dach besteht aus Bambus und Schilf, mit Lehm vermischt.



























Upper Pisang im Abendlicht

Fenster aus Glas gibt es nicht, lediglich hölzerne Fensterläden. Das Vieh wohnt in einem Anbau gleich daneben oder einfach im Erdgeschoss. Aber tagsüber findet das meiste Leben auf der Straße statt: Frauen mahlen Gewürze in Mörsern, waschen Wäsche und ihre Kinder, kämmen und spinnen Wolle, weben Schals auf handgefertigten hölzernen Webstühlen, mahlen Reis zu Mehl in steinernen Kuhlen und stampfen Butter. So stellten wir uns das Leben im Mittelalter vor, dort ist es noch heute so.



























Tibetische Frau beim Weben

Da es nach Sonnenuntergang nicht viel zu tun gibt, gehen alle früh ins Bett. Wir passen uns diesem Rhythmus an und bei Sonnenaufgang zwischen fünf und sechs Uhr sind wir ausgeschlafen. Nach dem Frühstück wandern wir los. Ein bis zwei Stunden später machen wir eine Rast mit Tee aus der Thermoskanne und Keksen, zwischendurch immer wieder kleine Trinkstopps und Pausen zum Luftholen oder Fotografieren. Zur Mittagszeit gibt es meist das Standard-Nepali-Essen "Dal bhat". Dies ist ein Pendant zum indischen Thali. Es gibt Berge von Reis, Linsensuppe (Dal), Gemüse, meist Kartoffelcurry und Pickles (sauer eingelegtes Gemüse). Immer das Gleiche und doch macht es jeder Koch anders... "same same, but different". Außerdem wird nachgefüllt, wenn die hungrigen Trekker mehr wollen.



























Typische Küche

Am frühen Nachmittag suchen wir eine Unterkunft, lesen, schreiben Tagebuch, waschen noch Wäsche oder erkunden die Gegend. Vor dem Abendessen machen wir eine Stunde Yoga und der ganze Körper ist gedehnt, der Geist entspannt.

Nach einer Woche in diesem Tagesrhythmus erreichen wir Braga, ein kleines Dorf auf 3500 Metern, im Manang-Tal gelegen. Hier beschließen wir einige Tage zu verbringen, zur Akklimatisation an die Höhe.

Während die niederen Annapurna-Regionen vornehmlich von Hindus bewohnt werden, so sind die Bewohner der höheren Berge mehrheitlich Buddhisten. Ein großer Teil der Bevölkerung sind Tibeter, die schon immer in dieser Gegend gelebt haben oder nach der Besetzung Tibets hierher geflüchtet sind. Auch an den Speisen ist der tibetische Einfluss unverkennbar: Tibetisches Brot, Thukpa (traditionelle tibetische Nudelsuppe) und Tsampa, ein mit Milch oder Tee gekochter Gerstenbrei, sind überall zu bekommen und Letzteres wird unser Frühstücksfavorit.

Die Gompa in Braga, das tibetischen Kloster, beherbergt Jahrhunderte alte heilige Bücher, aus denen die Mönche Verse rezitieren, umgeben von Hunderten goldenen Buddha-Statuen und Thankpas, tibetischen Wandgemälden.



























500 Jahre alte Gompa in Braga














































Im Inneren der Gompa

Der Pfad zu einem Dorf ist üblicherweise von einer 'Mani'-Wand flankiert, welche aus Gebetssteinen besteht, die mit einem Mantra oder Buddha-Figuren graviert sind. Am Dorfeingang steht ein 'Chorten', eine Pagode. Zwischen den Dächern sind Gebetsfahnen gespannt, die im Wind wehen und das göttliche Mantra "Om Mani Padme Hum" ins Universum schicken. Das bringt viel positive Energie. Denselben Effekt erzielt das Drehen der mit dem gleichen Mantra versehenen Gebetsmühlen, die wir immer häufiger am Wegesrand antreffen, je weiter wir in den Norden kommen.



























Gebetsmühlen auf dem Pfad

Übersetzt bedeutet das tibetische Mantra: "Om, der Juwel im Herzen der Lotusblume". Das tiefe, resonante 'Om' steht für den Ruf der Ewigkeit und die große Stille des reinen Seins, das mit der entsprechenden Vibration angestimmt das Universelle anruft, welches ansonsten unaussprechlich ist. 'Mani' bedeutet Diamant, die ursprüngliche, reine und nicht zerstörbare Essenz allen Seins. 'Padme' - in der Lotusblume - meint die irdische Welt und die der Erlösung. Letztere offenbart sich mit spirituellem Fortschritt unter den Blättern der Täuschung als 'Mani'-Juwel des Nirvana, nicht abgesondert vom alltäglichen Leben, sondern in dessen Herzen. 'Hum' ist ein Ausdruck des Seins und eine rhythmische Vollendung des Mantras.



























Gebetsmühlen - Om mani padme hum

Braga ist fast verlassen als wir da sind. Die meisten Bewohner sind auf der Jagd nach 'Yar Tsa Ghun Bha', dem sogenannten Insekten-Pilz. Die Sporen dieses Pilzes wachsen auf den Raupen bestimmter Schmetterlinge und im frühen Monsun kann man die lebende Raupe sehen, wie sie an den wachsenden Pilz gebunden ist. Obwohl es gesetzlich verboten ist, diese zu sammeln, lockt doch der horrende Preis, den Chinesen für dieses - angeblich - potenzfördernde Mittel bezahlen.

Von Braga aus machen wir einen Tagesausflug zum Eissee auf 4600 Metern gelegen. Dies wird der härteste Tag des Treks, bis dahin. 1100 Höhenmeter müssen überwunden werden und es geht denselben steilen Pfad wieder hinab. Das soll Training für den Tag sein, an dem wir den Pass überqueren werden. Bei diesem Ausflug sehen wir sie zum ersten Mal, die Yaks. Diese haarigen Tiere fühlen sich nur oberhalb von 4000 Metern wohl und werden von den Nepalis vielfältig genutzt: Als Lasttiere in großer Höhe, die Milch wird getrunken oder zu Käse verarbeitet, aus dem Fell wird Wolle gemacht und der Dung wird zum Heizen verwendet.














































Ein Yak

Wir passieren diese gutmütigen, grasenden Zotteltiere und erreichen erschöpft und atemlos den Eissee.



























Bergkulisse hinter Gebetsfahnen














































Reni vor dem Gangapurna














































Die Annapurnas

Zwei Tagesmärsche später wartet die große Herausforderung des Treks, der Thorung La-Pass. Ihn nicht zu bewältigen, würde bedeuten denselben Weg zurückzulaufen und das wollen wir nicht. Wir sind hochmotiviert, fühlen uns gut trainiert und an die Höhe gewöhnt. Als wir frühmorgens zum Pass aufbrechen wollen, schneit es zunächst zu stark, aber später klart es ein wenig auf - wir starten im Niesel-Schneeregen. In einer unwirtlichen mondlandschaftartigen Gegend, bei frostigen Temperaturen macht uns der geringe Sauerstoffgehalt zu schaffen. Wir halten an, um nach Luft zu schnappen und obwohl wir gerade einatmen, möchten wir nochmal atmen. Auch die Muskeln merken dies. Es fühlt sich an, als wären die Beine aus Wackelpudding, keine Energie, keine Kraft. So mampfen wir unseren "Pass-Proviant", den wir für diesen Tag dabei haben: Kekse, Cracker und Schokoriegel. Beflügelt hat es uns nicht gerade, aber mit vielen Pausen kommen wir nach drei Stunden oben an, glücklich und auch ein bisschen stolz.



























Auf dem Thorung La-Pass

Beim Abstieg geht es 1600 m nach unten. Für die Atmung ist dies kein Problem mehr, aber die Gelenke bekommen es deutlich zu spüren.

In Muktinath auf 3800 m machen wir dann einen Pausetag, an dem wir die Umgebung erkunden. Wir laufen im grünen Tal entlang, durchqueren tibetische Dörfer mit ihren freundlichen Bewohnern, wandern querfeldein auf den Erdwällen, die die Terrassen begrenzen, über die zahlreichen Wassergräben und genießen den sonnigsten Tag mit der besten Sicht des gesamten Treks.














































Tibetische Geschwister in Muktinath



























Buntes Haus in Chhyongkhar



























Mann und Frau in Jharkot

Wir sehen den Pass und die beiden ihn begrenzenden Zwillingsberge von 6582 und 6584 Metern und einige andere 7000er und 8000er.

Meist ist die Sicht eher schlecht und die weißen Spitzen zeigen sich nur in Wolkenlöchern. Allerdings ist die Stimmung sehr mystisch, wenn die Wolken wie tanzende Schwaden ins Tal hineinjagen und die Berge vor unseren Blicken verschließen, um sie im nächsten Moment wieder freizugeben.

Auf der westlichen Seite ist die Infrastruktur deutlich besser. Es gibt sogar einen breiten, für motorisierte Gefährte befahrbaren Weg und so sehen wir nach zwei Wochen die ersten Motorräder und Traktoren - ungewohnt in der sonst so stillen Umgebung. Bis dahin gab es nur das Rauschen des Flusses, das Gebimmel der Glocken, die um den Hals der Maultiere hängen, das Zirpen der Grillen und Vogelgezwitscher.














































Blick über die Dächer Marphas

Es gibt den Plan, die Region besser zu erschließen und eine asphaltierte Straße zu bauen. Beim Abstieg sehen wir wie Dutzende Nepalis mit einfachsten Werkzeugen Löcher in den Felsen bohren für Dynamit, Brocken zerhacken und die Steine in Körben auf dem Rücken davontragen. Bis auf dem Wanderweg tatsächlich Autos rollen ist es noch ein hartes Stück Arbeit, denn der untere Teil ist wieder ursprünglicher und schmaler, es geht über viele Hängebrücken und Felsen und macht mehr Spaß. Am letzten Tag kommen wir bei einer heißen Quelle an und entspannen die Muskeln. Danach ist es noch ein halber Lauftag und eine fünfstündige Busfahrt nach Pokhara.

Während wir schon im vollen Bus auf der unebenen Straße entlangholpern, wandert unser Geist noch durch die satte, grüne Landschaft, passiert zu Türmchen aufgeschichtete Steine und dreht Gebetsmühlen. Diese Wanderung war nicht nur eine physische, sondern auch eine spirituelle Reise und Sanftmut, Gelassenheit und Ruhe der einfachen Bergbewohner haben uns tief beeindruckt und bewegt.


Kathmandu

Obwohl wir wissen, dass auch die Bewohner der friedlichen Bergdörfer ihre eigenen Probleme haben, dass die junge Generation in die Städte abwandert, dass eine Straße für motorisierte Gefährte in den Berg gehauen wird und der "Fortschritt" auch hier nicht mehr aufzuhalten ist, war die Idylle der Berge ein ganz besonderes Erlebnis.

In Kathmandu ticken die Uhren wieder schneller und wir sind ein Teil des hektischen Großstadtlebens. Einiges, was wir anderswo zwar schon drastischer erlebt haben, sticht uns nun besonders deutlich ins Auge. Es drängen sich die protzigen Autos der Reichen rücksichtslos durch das Gewirr der Rikschas und der Fußgänger, die teilweise in schmutzigen, zerrissenen Kleidern durch die Gassen schlurfen. Viele Menschen fristen ihr Dasein als Rikschafahrer, die mehrheitlich den Tag auf ihrem Gefährt dösend oder verzweifelt nach Kundschaft rufend verbringen. Andere verdingen sich als Schuhputzer, als Handlanger in Geschäften oder als Träger von schweren Lasten, die selbst mit einer Sackkarre eine Zumutung wären. Auf den Bürgersteigen sitzen bettelnde Mütter mit ihren Kleinkindern, die abends ihr Kartonlager dort errichten. Der Anblick von Klebstoff aus Tüten schnüffelnden Kindern, die sich nachts barfüßig auf den Bürgersteigen des Touristenviertels in vor Dreck starrenden Kleidern herumdrücken, ist für uns wie ein Schlag in die Magengegend. Sie sind im Grundschulalter. Haben sie denn niemanden, der sich um sie kümmert? Klar, die Touristenmasse und eine schnell verdiente Rupie oder Süssigkeiten aus einer Bäckerei, die oftmals aufgrund des schlechten Gewissens gekauft werden, locken sie an. Wir sind zutiefst bewegt, wollen ihnen aber auch kein Geld geben, da man ihnen damit mehr schadet als nützt. Und so bahnen wir uns den Weg, entlang der ausgestreckten Kinderhände, gefangen in einem Gefühl zwischen Entsetzen und Ohnmacht.

Mittags essen wir in unserem Stammlokal, einer kleinen, dunklen Spelunke, einer typischen nepalesischen Imbissbude. Wir mögen sowas. Der Inhaber spricht etwas Englisch und unterhält sich gerne mit uns, wenn er nicht gerade die hereinstürmenden Schulkinder versorgt, die in ihrer Pause 'Chowmin', ein vegetarisches Nudelgericht, essen wollen. Hier arbeitet auch ein kleiner Junge, der Sohn eines Nachbarn. Der Junge ist in dem Alter der Schulkinder. Er trägt ein schmuddeliges T-Shirt und eine ebensolche Hose, die anderen drängen sich fröhlich in ihren weißen Hemden und der dunkelblauen Schuluniform, mit akkuratem Seitenscheitel, auf der Bank. Er ist ernst, wie ein kleiner Erwachsener, bringt das Essen und räumt die benutzten Teller wieder ab. Der Junge hat ein sehr gewinnendes, freundliches Gesicht und Augen, aus denen Verstand glänzt und trotzdem bekommt er keine Chance. Er steht ganz unten in der Rangordnung und wird, wenn nicht ein Wunder geschieht, sein Leben lang dort bleiben. Weil sich seine Eltern das Schulgeld und die uniform nicht leisten können.

Neben diesen Erlebnissen schätzen wir aber auch wieder die schönen Dinge der großen Stadt: Wir essen Sushi, Mangos und Käsekuchen, Lebensmittel, die wir in den vergangenen Monaten vermisst und in Kathmandu wieder gefunden haben.

Sobald man Thamel, das Touristenviertel verläßt, taucht man in das geschäftige Treiben des eigentlichen Kathmandus ein. Händler schieben ihre Handkarren mit mobiler Fruchtsaftpresse, Obst, Gemüse und Opfergaben durch die engen Gassen, Kinder versuchen Kleinkram wie Wäscheklammern und Haargummis an die Frau zu bringen, Kleider und Bettwäsche werden vom Straßenrand aus verkauft, an jeder Ecke läuft man an einem der unzähligen Tempel vorbei und Räucherstäbchenduft erfüllt die Luft.

Mit Begeisterung besichtigen wir die hinduistischen Tempel und buddhistischen Stupas, halbkreisförmige Gebilde zur Aufbewahrung von heiligen Reliquien. Es ist faszinierend, dass die größten Heiligtümer dieser beiden Religionen oft nur wenige Schritte voneinander entfernt sind und sowohl von Hindus als auch Buddhisten verehrt werden.



























In den Straßen von Kathmandu














































Swayambhunath-Stupa














































Butterkerzen im Tempel



























Opfergabe



























Bodnath-Stupa

Da es auf dem Landweg mit dem eigenen Motorrad nicht möglich ist nach Thailand weiterzufahren, organisieren wir für uns und die Maschinen einen Flug nach Bangkok. Die Motorräder werden vermessen und entsprechende Holzkisten vorbereitet. An unserem 300. Reisetag packen wir die Maschinen schließlich in die Kisten. Nach einiger Tüftelei und einem langen Tag am Cargo des Flughafens haben wir beide Motorräder so weit auseinander gebaut, dass sie mitsamt unseren Alukisten und dem restlichen Gepäck in die Holzkisten passen. Kurz vor Feierabend des Zolls gehen die Kisten durch die Kontrolle und über die Waage (es wird nach kg bezahlt). Sie zeigt stolze 308 bzw. 319 kg an - wer hätte das gedacht? Das Eigengewicht der Kisten kennen wir zwar nicht, sind aber doch ganz schön erstaunt.



























Motorrad in der Kiste!

Und ab gehts...

(15.05.06, RM, TM)

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